spacer15
spacer15   spacer15

Buschtunnel Aachen-Ronheide - Header Buschtunnel 01

spacer15
spacer15

Ulrich Simons

Buschtunnel
Aachen
Ronheide

Der ultimative Tunnelblick.

 

Ulrich Simons
spacer15
spacer15   spacer15
spacer15

Mit Hacke und Schaufel unter dem Aachener Wald hindurch

Buschtunnel Aachen: Was bisher geschah ...

Von 1837 bis 1843 war draußen vor der Stadt unter der Lütticher Straße schon einmal eine Baustelle. Das Ziel: Die neue Eisenbahnlinie zwischen Köln und Aachen soll im Süden der Stadt mithilfe einer Rampe und eines anschließenden Tunnels unter dem Aachener Wald hindurch nach Belgien weitergeführt werden. Es wird die erste internationale Eisenbahnverbindung in Europa!

Beim Baubeginn des Buschtunnels ist von der Eisenbahn allerdings noch nicht viel zu sehen. Denn die Strecke Aachen-Köln wird erst am 01. September 1841 in Betrieb genommen. Da sind die Arbeiten im Aachener Wald schon weit fortgeschritten. Und am Ende, im Jahr 1843, gibt es bei Ronheide nicht nur einen Tunnel, sondern gleich zwei.

Buschtunnel Aachen-Ronheide: Ein Thalys verlässt den Buschtunnel an der Westseite

Ein Thalys mit Ziel Paris verlässt am 27. August 2004 - von Aachen-Hauptbahnhof kommend - den Buschtunnel durch das Westportal. Das Bild stammt aus einer Zeit, als der Buschtunnel seinem Namen noch alle Ehre machte. Der 691 Meter lange Tunnel in Aachen-Ronheide, auf dem Foto noch zweigleisig, wurde 1843 nach sechsjähriger Bauzeit in Betrieb genommen und ist der älteste noch befahrene Eisenbahntunnel in Deutschland.

© Foto: Ulrich Simons

Zurück ins Jahr 1837. England hat am 20. Juni eine neue Königin bekommen, ein ganz junges Ding mit Namen Victoria, erst 18 Jahre alt. Sie wird bis 1901 regieren, und ein ganzes Zeitalter wird später einmal ihren Namen tragen.

In Aachen rufen angesehene Bürger (u.a. David Hansemann) im Jahr 1837 die Erholungsgesellschaft ins Leben. Ein Jahr später werden die Stadtwerke Aachen gegründet (1838).

Der Dom sieht noch nicht ganz so aus wie heute: Erst zwischen 1879 und 1884 wird der hohe Turmabschluss und das Glockengestühl des Westturmes errichtet. So, wie er sich heute präsentiert, haben ihn die Erbauer des ersten Buschtunnels also nie gesehen. Und Karl der Große auch nicht. Von ihm stammt nur das Oktogon, das Achteck zwischen Turm und (gotischer) Chorhalle. Den Rest haben spätere Generationen drangebastelt.

Und Ronheide?

Das ist damals noch nicht das Feine-Leute-Viertel von heute. Das ist die Prärie draußen vor der Stadt. Die "Aachener Heide", wie der Landstrich jenseits der heutigen Kreuzung von Lütticher Straße und Amsterdamer Ring im 19. Jahrhundert genannt wird. "Öcher Bösch"* nennen die Aachener bis heute liebevoll ihren Wald im Südwesten der Stadt. Daher auch der Name "Buschtunnel".

(*Kleiner Exkurs: Zur Frage, ob die Aachener hier das franzöische "bois" für Holz oder Gehölz verballhornt haben oder das niederländische "bos/bosch" wie in 's Hertogenbosch, tobt seit Jahren ein Streit unter Akademikern. Jedenfalls hatte der niederländische Herzog bei der Namensgebung seinen Wald noch, während Namensbestandteile wie "Rol" in "Rolduc" (roda ducis/NL) oder "-rath" in "Herzogenrath" auf deutscher Seite darauf hinweisen, dass hier bereits jemand mit der Säge unterwegs war und es sich um eine gerodete Waldfläche handelt.)

Oben auf Ronheide bauen sie also einen Tunnel unter dem Wald hindurch.
Wo mag der ganze Aushub gelandet sein?
Und wie hat man ihn weggeschafft?
Mit Lkw?
Wohl kaum.
Denn erst 1893 erfindet Rudolf Diesel den nach ihm benannten Glühkerzenmotor.
Sieben Jahre später baut die französische Firma Panhard & Levassor das erste Auto mit Lenkrad.

Das ganze Baumaterial für den Tunnel muss mit Pferdefuhrwerken nach Ronheide gebracht worden sein. Über Straßen, die diesen Namen kaum verdienten. Eine Ziegelei in Burtscheid lieferte das Baumaterial, mit dem 1840 auch der Burtscheider Viadukt errichtet wurde.

Arbeitslicht untertage? Brauchbare Glühlampen entwickeln der Brite Joseph William Swan (1878) und der Amerikaner Thomas Alva Edison (1880) erst knapp 40 Jahre später. Und bis zur Leuchtstoffröhre dauert es sogar noch 100 Jahre. Gearbeitet wird unter Pechfackeln und bei Petroleumlicht. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie im Berg die Luft gewesen sein muss.

Eisgekühlte Getränke im Sommer? Den Kühlschrank tüftelt Carl von Linde erst 1876 aus. Heißer Tee im Winter? Wie denn? Erst 1881 erfindet Alexander Ferdinand Weinhold die Thermoskanne.

Mal schnell bei der Bauleitung anrufen, um Nachschub zu bestellen? Geht auch nicht. Alexander Graham Bell ist erst 1876 mit seinem Telefon so weit.

Fotos von damals? Leider Fehlanzeige.
Louis Jacques Mandé Daguerres Fotoapperat ist noch nicht serienreif. Immerhin entsteht 1837 das "Ur-Foto", die älteste noch erhaltene Daguerrotypie der Welt.

Wer sich auf der Baustelle verletzt, hat schlechte Karten: Einen Impfstoff gegen den oft tödlich verlaufenden Wundstarrkrampf gibt es erst nach 1924. Schwerere Fälle kommen ins Krankenhaus. Heute. Damals gab es in Aachen so etwas überhaupt nicht. Mit dem Bau von Aachens erstem "richtigen" Krankenhaus beginnt man fünf Jahre nach Fertigstellung des Tunnels, im Jahre 1848. Der Bau dauert sieben Jahre.

spacer015

ICE3

Ein ICE3 kommt am 24. Juni 2007 vom Aachener Hauptbahnhof die 2,65 Prozent geneigte Ronheider Steilrampe zum Buschtunnel hinauf.

© Foto: Ulrich Simons

Mehr zur Ronheider Steilrampe gibt es hier.

Das 1855 fertiggestellte Mariahilf-Spital an der Monheimsalle (dort steht heute das Spielcasino) hat insgesamt 260 Betten und eine Abteilung für Innere Medizin und eine für Chirurgie.

Wer sich beim Tunnelbau verletzt und verarztet wird, muss ohnehin tapfer sein: Äther (1846) und Chloroform (1847) werden als Narkosemittel erst nach Fertigstellung des Tunnels entdeckt.

Soviel zu diesem Thema. Man müsste sich heute im Geiste verneigen vor diesem Tunnel und seinen Erbauern. Hochachtungsvoll.

Kohlenklau an der Steilrampe

Und dann gibt es da auch noch die Ronheider "Steil"rampe. Steigung: 2,65 Prozent.
Autofahrer lächeln heute über sowas, aber für die Eisenbahn im 19. Jahrhundert ist das ein Problem.
Das hat mit der Leistung der Dampflokomotiven zu tun, die größtenteils schon dafür draufgeht, das eigene Gewicht den Berg hinauf zu bewegen, aber auch mit der Haltekraft von Waggonkupplungen.

Weil die Loks von 1843 nicht mit den heutigen "Allrad-getriebenen" ICE3 (Bild oben) zu vergleichen sind, werden die Züge mit einer dampfbetriebenen Seilwinde den Berg hinauf gezogen, später dann mit Schiebeloks hinauf gedrückt.

Joachim Peters m Buschtunnel

Das Krümel-Monster im Aachener Wald: Der Buschtunnel bröckelt.

© Foto: Ulrich Simons

spacer015

Am Rangierbahnhof Aachen-Süd, vor dem Buschtunnel, werden die Schiebeloks abgekuppelt und fahren zurück zum Hauptbahnhof. Vielfach zur Freude der Aachener Kinder, die ein netter Lokführer auch schon mal mitnimmt.

Neun Gleise liegen zu Spitzenzeiten auf Ronheide. Es herrscht reger Betrieb. Denn auch der Güterverkehr mit Belgien läuft durch den Buschtunnel. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wird er auf die Strecke Aachen-West/Montzen (B) durch den Gemmenicher Tunnel verlagert.

Die Anwohner der Ronheider Steilrampe haben heute noch ihre ganz speziellen Erinnerungen an die schweren Güterzüge, die die Steigung hinaufkrochen. Rainer Dauven wohnte damals an der Strecke.

"Ich bin Jahrgang 1946 und auf dem Ronheider Weg aufgewachsen. Die Geräusche der schweren Güterzüge mit zwei "Drückloks", die zum Buschtunnel hochfuhren,werde ich nie vergessen. Vor allen Dingen das Geräusch, wenn die Räder durchrutschten, und es dem Zug auch nach mehrfachen Versuchen nicht mehr gelang, im Berg erneut anzufahren. Dann musste der Zug zurück in den Aachener Bahnhof rollen und erneut sein Glück versuchen. Ich will nicht verhehlen, dass wir auch manchmal nachgeholfen haben ...
Mein älterer Bruder (Jahrgang 1938) berichtete sogar davon, dass sich Anwohner über die nahe gelegenen Schrebergärten an die Züge im Berg heranmachten, und sie um etliches an Kohle erleichterten. Der war als Sieben- bis Achtjähriger natürlich nicht auf den Waggons, das machten Erwachsene. Er hat nur geholfen, die Briketts möglichst schnell beiseite zu schaffen. Alle sind bis heute der Meinung, dass das "Mundraub" war, nur unsere Eltern durften davon nichts erfahren."


Im September 2004 ist der "Buschtunnel" der älteste noch befahrene Eisenbahntunnel in Deutschland. Doch am Altertümchen nagt der Zahn der Zeit. Vom denkmalgeschützten Ostportal poltert hin und wieder ein Ziegelstein, und drinnen ist die Röhre auch nicht wesentlich solider. Lange geht das nicht mehr gut.

spacer15
spacer15   spacer15
spacer15

Alle Texte und Bilder auf dieser Seite sind urheberrechtlich geschützt.
© Ulrich Simons


spacer15
spacer15 spacer15 spacer15